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Pflichtverteidigung bei Vorwurf des Verstoßes gegen das KWG

Auch einige Strafrichter neigen dazu, sparsam mit staatlichen Geldern umzugehen. Dies kann sich  etwa in einer mangelnden Bereitschaft des Richters zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers für Angeklagte widerspiegeln, denn der Pflichtverteidiger ist zunächst vom Staat zu bezahlen. Gern wird insofern ein Antrag des Angeklagten auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers mit der Begründung abgelehnt, dass das nicht in Betracht kommt, weil die Rechtslage nicht komplex, sondern überschaubar ist. Eine solche Ablehnung hatte eine unserer Mandantinnen erfahren, die durch die Staatsanwaltschaft wegen des Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz (KWG) angeklagt wurde. Ihr warf man das Betreiben unerlaubter Bankgeschäfte vor. Nach einer intensiven Befassung mit dem Fall sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mandantin kein unerlaubtes Bankgeschäft, sondern ein Finanzdienstleistungsgeschäft betrieben hat, für welches sie über eine Erlaubnis verfügte. Die Staatsanwaltschaft musste vor Anklageerhebung eine Stellungnahme der BaFin einholen und hat selbst zur Begründung ihrer Auffassung die Einholung eines Sachverständigengutachten beantragt, unsere reinen Rechtsausführungen zu dieser Frage umfassten ganze 7 Seiten, die gerichtliche Akte weit über 200 Seiten. Die erkennende Richterin indes lehnte den Antrag unserer Mandantin auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers aus unserer Kanzlei unter anderem mit der Begründung ab, die rechtliche Lage sei nicht komplex, sondern vielmehr überschaubar. Auf unsere Beschwerde hin hat nunmehr das Landgericht Mühlhausen als Beschwerdegericht dieser unzutreffenden Ansicht eine Absage erteilt und die Pflichtverteidigung angeordnet. Das Landgericht Mühlhausen führt in seinem Beschluss hierzu etwa aus: "Der Begriff der schwierigen Rechtslage ist weit auszulegen, da entscheidend ist, ob die Rechtslage für einen Laien schwierig ist … Ebenso erfordert die Unterscheidung zwischen Bankgeschäft und Finanzdienstleistung eine für den Laien schwierige Subsumtion."  Die Kosten für dieses Beschwerdeverfahren trägt nunmehr die Staatskasse.

 

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